Was wäre eine Eisenbahn ohne ihre Regelwerke? Selbst auf einer Kleinbahn mit einfachsten Betriebsverhältnissen durften die entsprechenden Regelwerke nicht fehlen. Das entsprechende Regelwerk für die Industriebahn Tegel—Friedrichsfelde hatte einen sehr sperrigen Titel: „Dienstvorschrift für die Betriebsbediensteten der nebenbahnähnlichen Kleinbahnen mit Maschinenbetrieb (K.D.V)", nachfolgend KDV genannt. Die Dienstvorschrift ist in zwei Teile augeteilt. Der Teil A regelte die administrativen Aspekte wie das dienstliche Verhalten der Beschäftigten, z.B. der Wohnsitz, Rauch- und Alkoholverbot im Dienst, Ausübung von Dienstaufträgen.

Teil B der Dienstvorschrift ist sozusagen die Fahrdienstvorschrift für nebenbahnähnliche Kleinbahnen. Sie regelt auf 35 Seiten den Betriebsdienst bei den betroffenen Kleinbahnen. Zum Vergleich: Die Fahrdienstvorschrift DV 408 der Deutschen Reichsbahn Gesellschaft von 1933 hat 269 Seiten. Auffällig ist der Stempel, der die KDV ab dem 1. Oktober 1930 für die Industriebahn Tegel—Friedrichsfelde für gültig erklärt. Wurde das Regelwerk nachträglich auf die ITF angewandt? Galt davor ein anderes Regelwerk? Nachfolgend können Sie im Volltext die Bestimmungen der Teile A und B nachlesen. Der Teil B befindet sich hier.

 
 

Dienstvorschrift für die Betriebsbediensteten der nebenbahnähnlichen Kleinbahnen mit Maschinenbetrieb (K. D. V)

Gültig für den Bereich der Industriebahn Tegel—Friedrichsfelde

vom 1. Oktober 1930 ab.

1930

Herausgegeben vom Verband Deutscher Verkehrsverwaltungen E. V. Berlin.

—- Nachdruck verboten —-
 

Inhaltsverzeichnis

  • § 1 Betriebsbedienstete. . . . . . . . . Seite 5
  • §2 Vorgesetzte............,,                             5
  • § 3 Allgemeine Verhaltungsmaßregeln . 5
  • § 4 Ausführung von Dienstaufträgen . .   6
  • § 5 Meldungen, Gesuche, Beschwerden  7
  • § 6Wohnsitz.............                                    7
  • § 7 Dienstkleidung . . . . . . . . . . .                7
  • § 8 Rauch- und Trinkverbot . . . . . . ,, 7
  • § 9 Nebenbeschäftigung . . . . . . . . » 8
  • § 10 Dienstbehinderung . . . . . . . . . ,, 8
  • § 11 Pflichtverletzung . . . . . . . . . . » 8
  • §12 Beleidigungen. . . . . . . . . · . ,, 9
  • § 13 Behördliche Vorladungen. . . . . . » 10
  • § 14 Privatleistungen für Vorgesetzte, Bestechlichkeit, unbefugte Benutzung der Fernsprech- und Fernschreibeinrichtungen.............,,10
  • § 15Fundsachen............ ,,10
  • § 16 Veränderungen im Personenstande . . ,, 11
  • § 17 Dienstaustritt . . . . . . . . . . . ,, 11

Anhang A

Dienstanweisung für Bahnpolizeibeamte . . . » 13

  •  Anhang B

Auszug aus dem Strafgesetzbuch. . . . . . » 15

 
  • § 1

Betriebsbedienstete

Betriebsbedienstete im Sinne der Dienstvorschrift und Dienstanweisung sind sämtliche Angestellte und Arbeiter und ihre Vertreter, die im Betriebsdienst beschäftigt werden oder mit der Aufsicht in der Unterhaltung der Bahnanlagen und Betriebsmittel betraut sind.

Die Betriebsleitung bestimmt, inwieweit die  ,,gemeinsamen Bestimmungen für Betriebsbedienstete“ für Bedienstete des Verwaltungs-, Verkehrs- oder sonstigen Dienstes gelten.

  • § 2

Vorgesetzte

Die Vorgesetzten aller Betriebsbediensteten im Sinne der Dienstvorschrift (K.D.V.) und Dienstanweisung (K.D.A.) werden in unmittelbare und mittelbare unterschieden. Unmittelbare Vorgesetzte sind die Vorsteher der Dienststellen, denen die Bediensteten zugeteilt sind, sowie die diesen vorgesetzten Stellen. Mittelbare Vorgesetzte sind nur berechtigt, hinsichtlich der ihnen erteilten besonderen Befugnisse Anweisungen zu geben.

  • § 3

Allgemeine Verhaltungsmaßregeln

1. Die Betriebsbediensteten sind verpflichtet, die Interessen der Verwaltung und des Dienstes in jeder Beziehung nach besten Kräften wahrzunehmen. Ihren Dienst haben sie gewissenhaft und unverdrossen nach den gegebenen Vorschriften und Anweisungen unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen auszuüben. Sie müssen ihre volle Arbeitskraft dem Dienst widmen, die Dienststunden genau innehalten
 

und darüber hinaus auf besondere Anweisung oder bei Notwendigkeit Dienstgeschäfte ausführen. Sie können vorübergehend oder dauernd in anderen Dienstzweigen als in dem, für den sie angenommen sind, beschäftigt werden. Nach Bedarf, besonders in Notfällen, sind sie auch ohne besonderen Auftrag zu gegenseitiger Unterstützung und Vertretung verpflichtet.

Im Verkehr mit dem Publikum haben sie sich höflich und gefällig, aber bestimmt zu benehmen. Sie haben sich in und außer dem Dienste eines tadellosen Lebenswandels zu befleißigen.

2. Alle Betriebsbediensteten haben sich mit den ihren Dienst betreffenden Gesetzes und Verwaltungsvorschriften für den Bau und Betrieb von nebenbahnähnlichen Kleinbahnen, den Unfallverhütungsvorschriften und den für ihren Dienst besonders erlassenen Vorschriften und Anweisungen vertraut zu machen und sie zu befolgen, auch ihre Untergebenen dazu anzuhalten. (Dienstanweisung für Bahn-Polizeibeamte siehe Anhang A, Auszug aus dem Strafgesetzbuch Anhang B.)

3. Jeder Betriebsbedienstete muß die Dienstanweisung seiner Untergebenen kennen.

Er ist für die Von ihm erteilten Aufträge verantwortlich. Weichen die von ihm getroffenen Anordnungen von der Vorschrift oder Anweisung ab, so muß er dies sobald als möglich seinem nächsten Vorgesetzten melden.

 4.Die Amtsverschwiegenheit ist unbedingt sowohl dritten Personen als auch anderen Bediensteten gegenüber zu wahren.

  • § 4
Ausführung von Dienstaufträgen

1. Jeder Betriebsbedienstete ist verpflichtet, die ihm von seinen Vorgesetzten erteilten dienstlichen Anweisungen ungesäumt und gewissenhaft auszuführen. Sofern eine davon abweichende Anordnung von einem höheren als dem nächsten Vorgesetzten getroffen wird, ist dem letzteren davon alsbald Meldung zu machen.

2. Glaubt ein Betriebsbediensteter, daß ein ihm erteilter Auftrag mit der Vorschrift oder Anweisung im Widerspruch steht, so hat er seine Bedenken in angemessener Form vorzutragen. Wird der Auftrag hierauf nicht zurückgezogen, so muß er ihn ausführen.

 
  • § 5

Meldungen, Gesuche, Beschwerden

1. Meldungen sind an den anwesenden höchsten, Anfragen und Gesuche an den nächsten Vorgesetzten zu richten und nötigenfalls durch dessen Vermittlung weiterzureichen.

2. Beschwerden über einen Vorgesetzten sind bei dessen nächstem Vorgesetzten anzubringen.

  • § 6

Wohnsitz

1.Der Wohnsitz der Betriebsbediensteten wird von der Verwaltung bestimmt. Sie ist berechtigt, Betriebsbediensteten eine Dienstwohnung zuzuweisen.

2. Das Wohnen eines Angestellten außerhalb des ihm angewiesenen Dienstortes ist nur ausnahmsweise mit schriftlicher Genehmigung zulässig.

3. Die Betriebsleitung kann Bestimmungen erlassen, in welchem Umfange sich Betriebsbedienstete ohne Erlaubnis vom Dienstorte entfernen dürfen und in welchen Fällen Betriebsbedienstete an einer bestimmten Stelle hinterlassen müssen, wo sie zu treffen oder wohin ihnen Mitteilungen nachzusenden sind.

4.Jeder Wohnungswechsel ist dem Vorsteher der Dienststelle alsbald zu melden.

  • § 7

Dienstkleidung

Jeder Betriebsbedienstete muß im Dienst die vorgeschriebene Dienstkleidung tragen.

  • § 8

Rauch- und Trinkverbot

1. Das Tabakrauchen während des dienstlichen Verkehrs mit dem Publikum und während der Ausübung des Bahnhofsdienstes ist verboten.

2. Der Genuß alkoholhaltiger Getränke während des Dienstes ist verboten. Die Ausübung des Dienstes darf durch vorher genossene alkoholhaltige Getränke nicht beeinträchtigt werden.

3. Jeder unerlaubte Aufenthalt in den Bahnhofswirtschaften während des Dienstes ist untersagt.

  • § 9

Nebenbeschäftigung

Öffentliche Ehrenämter oder Nebenbeschäftigungen dürfen nur mit Genehmigung der obersten vorgesetzten Stelle übernommen werden. Hausstandsangehörige der Betriebsbediensteten dürfen nur solche Geschäfte betreiben, welche die ordnungsmäßige Erfüllung der Dienstpflichten der Betriebsbediensteten nicht ungünstig beeinflussen.

  • § 10

Dienstbehinderung

1.Ist ein Betriebsbediensteter infolge Erkrankung Verhindert, seinen Dienst zu versehen, so hat er dies seinem nächsten Vorgesetzten sofort zu melden und auf Verlangen binnen 24 Stunden eine ärztliche Bescheinigung seiner Krankheit und deren voraussichtlicher Dauer beizubringen.

2. Bei längerem Ausbleiben hat der Betriebsbedienstete auf Verlangen weitere Bescheinigungen über die Fortdauer der Dienstunfähigkeit einzureichen.

3. Erkrankt der Betriebsbedienstete in der Dienstzeit, so darf er seinen Posten nur mit Zustimmung des Vorgesetzten oder nach Eintreffen der Stellvertretung verlassen.

  • § 11

Pflichtverletzung

1. Dienstvergehen ist jede Verletzung der dem Betriebsbediensteten durch seine dienstliche Tätigkeit sowie durch Vorschrift und Anweisung auferlegten Pflichten und Obliegenheiten, ferner auch jede Verletzung der allgemeinen Pflicht, sich in und außer Dienst durch sein Verhalten der für seinen Beruf unentbehrlichen Achtung und des Vertrauens würdig zu erweisen.

2. Dienstvergehen werden mit Warnung, Verweis, Geldbuße, Strafversetzung, Versetzung in eine andere Dienstgruppe oder Dienstentlassung geahndet.

3. Bei schweren Dienstvergehen oder aus einem wichtigen Grund im Sinne der Gesetze kann jeder Bedienstete seines Dienstes sofort enthoben und fristlos entlassen werden.

4.Für alle aus einer Dienstwidrigkeit entstehenden Folgen und Schadenansprüche bleibt der schuldige Betriebsbedienstete verantwortlich. Die Verwaltung ist berechtigt, den Schadenbetrag von den Dienstbezügen einzubehalten.

5. Vor einer Bestrafung oder Haftbarmachung für Schäden ist mit dem Beschuldigten eine schriftliche Verhandlung aufzunehmen, die den Vorgang, wenn erforderlich, unter Hinzuziehung von Zeugen, klarstellen und etwaige Einwände des Beschuldigten enthalten muß.

6. Jeder Betriebsbedienstete ist verpflichtet, sich auf Anordnung der Verwaltung schriftlich vernehmen zu lassen und die Niederschrift seiner Aussagen zu unterschreiben.

7. Die Befugnis zur Erteilung mündlicher Verwarnungen und Verweise steht jedem Vorgesetzten gegen seine Untergebenen zu.

8. Zur Erteilung von schriftlichen Verwarnungen und Verweisen zu den Personalakten, zur Verhängung von Geldbußen sowie zur Verfügung von Strafversetzungen, Versetzungen in eine andere Dienstgruppe und Dienstentlassungen ist die Verwaltung zuständig.

9. Jeder Vorgesetzte ist befugt, seinen Untergebenen vorübergehend die Ausübung des Dienstes zu untersagen, wenn Gefahr im Verzuge oder Störung der Sicherheit und Ordnung des Dienstes zu besorgen ist. Er muß aber gleichzeitig für geeignete Stellvertretung sorgen und dem nächsten Vorgesetzten sofort Anzeige erstatten.

10. Die Verwaltung bestimmt, ob und in welcher Höhe ein-Betriebsbediensteter während seiner Dienstenthebung Diensteinkommen bezieht.

11. Jeder Betriebsbedienstete ist verpflichtet, Dienstwidrigkeiten seinem Vorgesetzten zu melden. Unterläßt er dies, ist er für die Folgen mit verantwortlich.

  • § 12

Beleidigungen

1. Kein Betriebsbediensteter darf einen seiner Mitbediensteten wegen Beleidigung gerichtlich verklagen, bevor nicht durch den nächsten 

 gemeinschaftlichen Vorgesetzten die Vermittlung der Verwaltung angerufen und deren Genehmigung eingeholt worden ist. 

2. Beleidigungen, die Bahnpolizeibeamten bei Ausübung ihres Amtes oder mit Bezug auf dasselbe zugefügt werden, sollen nicht von diesen verfolgt, sondern durch den nächsten Vorgesetzten der Verwaltung zur weiteren Veranlassung angezeigt werden.

  • § 13

Behördliche Vorladungen

Jeder Betriebsbedienstete hat gerichtliche oder sonstige Vorladungen einer Behörde sofort durch seinen nächsten Vorgesetzten zur Kenntnis der Verwaltung zu bringen.

  • § 14

Leistungen für Vorgesetzte, Bestechlichkeit, unbefugte Benutzung der Fernsprech- und Fernschreibeinrichtungen

1.Vorgesetzte dürfen Bedienstete auch in deren dienstfreien Zeiten für ihre Zwecke nicht beschäftigen. Ausnahmen sind nur mit schriftlicher Erlaubnis gestattet. Eine solche Erlaubnis ist nur für die Zeit und die Arbeiten gültig, für die sie ausdrücklich nachgesucht und gegeben ist.

2. Die Betriebsbediensteten dürfen vom Publikum, von Leuten, die mit der Bahn in Geschäftsbeziehungen stehen, und von Untergebenen keine Erkenntlichkeitsbezeugungen annehmen. Sie dürfen sich auch durch ihre dienstliche Stellung keinerlei Sondervorteile verschaffen.

3. Die Benutzung der dienstlichen Fernsprech- und Fernschreibeinrichtungen zu anderen als dienstlichen Mitteilungen ist untersagt.

  • § 15

Fundsachen

Alle im Bahnbereich gefundenen Gegenstände sind auf kürzestem Wege an die zuständige Stelle abzuliefern, die ihre Weiterbehandlung nach den Bestimmungen zu veranlassen hat.

§ 16

Veränderungen im Personenstande

Die Betriebsbediensteten sind verpflichtet, jede Veränderung in dem Personenstande der Familie (Eheschließung, Geburten, Todesfälle usw.) alsbald dem Vorsteher der Dienststelle zur weiteren Meldung anzuzeigen.

  • § 17

Dienstaustritt

Jeder Betriebsbedienstete ist verpflichtet, bei seinem Austritt sämtliche Dienstpapiere, alle in seinem Gewahrsam befindlichen Geräte, Stoffe, Gelder und die Dienstwohnung in gehöriger Ordnung abzugeben.

 

Anhang A

Dienstanweisung für Bahnpolizeibeamte

I. Bezeichnung und Befugnisse der Bahnpolizeibeamten

1. Die Bestellung der Bahnpolizeibeamten mit den Rechten und Pflichten von Polizeiexekutivbeamten erfolgt durch die dazu berufene Behörde unter Abnahme des Staatsdienereides für die Dauer der Wahrnehmung derjenigen Kleinbahndienstgeschäfte, mit denen die bahnpolizeilichen Befugnisse verbunden sind.

2. Die Bahnpolizeibeamten sollen die Organe der örtlichen Polizei und der Landespolizei in der Wahrnehmung bahnpolizeilicher Handlungen ergänzen. Sie haben diesen bei der Ausübung ihres Dienstes innerhalb des Bahngebiets Beistand zu leisten, soweit es ihre bahndienftlichen Pflichten zulassen.

3. Die Bahnpolizeibeamten müssen bei Ausübung ihres Dienstes das Dienstabzeichen tragen oder mit einem schriftlichen Ausweis versehen sein.

4. Die Bahnpolizeibeamten überwachen die Ausführung der zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit des Kleinbahnbetriebes erlassenen polizeilichen Verordnungen und gesetzlichen Bestimmungen.

5. Die Bahnpolizeibeamten sind befugt, einen jeden vorläufig festzunehmen, der auf Übertretungen der zu 4 genannten Verordnungen und Bestimmungen betroffen oder unmittelbar nach der Übertretung verfolgt wird und sich über seine Person nicht auszuweisen vermag. Er ist mit der Festnahme zu verschonen, wenn er eine angemessene Sicherheit stellt. Die Sicherheit darf den Betrag von 60 Mark nicht übersteigen. Die Anzeige der Übertretung und die Sicherheit sind ohne Verzug an die zu bestimmende Stelle abzusenden und von letzterer an die zuständige Polizeibehörde nebst der Anzeige weiterzureichen.

6. Enthält die strafbare Handlung ein Verbrechen oder Vergehen, so kann sich der Schuldige durch eine Sicherheitsgestellung der vorläufigen Festnahme nicht entziehen.

7. Der Festgenommene ist unverzüglich, sofern er nicht wieder in Freiheit gesetzt wird, dem Amtsgericht oder der Polizeibehörde desjenigen Bezirks, in dem die Festnahme erfolgt ist, vorzuführen.

8. Ist ein Bahnpolizeibeamter in dieser Eigenschaft in Tätigkeit getreten, so hat er einen schriftlichen Bericht hierüber durch Vermittlung seines nächsten Vorgesetzten der Verwaltung einzureichen. In dringenden Fällen ist die Verwaltung durch Fernsprecher oder Fernschreiber zu unterrichten.

II. Verhalten der Bahnpolizeibeamten

1.Die Bahnpolizeibeamten haben dem Publikum gegenüber ein energisches, besonnenes, anständiges und rücksichtsvolles Benehmen zu beobachten und sich insbesondere jedes herrischen und unfreundlichen Auftretens zu enthalten.

2. Sie haben ihren Dienst gewissenhaft zu versehen und sich außerhalb des Dienstes musterhaft zu führen. Sollten sie ihren Dienst vernachlässigen oder sich zur Ausübung ihres Dienstes ungeeignet zeigen oder sollten sie durch Handlungen oder Unterlassungen den Mangel ihrer Zuverlässigkeit in sittlicher Beziehung dartun, so sind sie sofort von der Wahrnehmung polizeilicher Verrichtungen zu entheben.

IlI. Bezirk der Amtstätigkeit

Die Amtstätigkeit der Bahnpolizeibeamten erstreckt sich auf den Bahnbereich, für den sie verpflichtet sind.
 

Anhang B

Auszug aus dem Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871

§ 315

1. Wer vorsätzlich Eisenbahnanlagen, Beförderungsmittel oder sonstiges Zubehör derselben dergestalt beschädigt oder auf der Fahrbahn durch falsche Zeichen oder Signale oder auf andere Weise solche Hindernisse bereitet, daß dadurch der Transport in Gefahr gesetzt wird, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft.

2. Ist durch die Handlung eine schwere Körperverletzung verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe nicht unter 5 Jahren, und wenn der Tod eines Menschen verursacht worden ist, Zuchthausstrafe nicht unter zehn Jahren oder lebenslängliche Zuchthausstrafe ein.

§ 316

1. Wer fahrlässigerweise durch eine der vorbezeichneten Handlungen den Transport auf einer Eisenbahn in Gefahr setzt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu neunhundert Mark, und wenn durch die Handlung der Tod eines Menschen verursacht worden ist, mit Gefängnis von einem Monat bis zu 3 Jahren bestraft.

2. Gleiche Strafe trifft die zur Leitung der Eisenbahnfahrten und zur Aufsicht über die Bahn und den Beförderungsbetrieb angestellten Personen, wenn sie durch Vernachlässigung der ihnen obliegenden Pflichten einen Transport in Gefahr setzen.

  • § 317

Wer gegen eine zu öffentlichen Zwecken dienende Telegraphenanstalt vorsätzliche Handlungen begeht, welche die Benutzung dieser Anstalt verhindern oder stören, wird mit Gefängnis von einem Monat bis zu drei Jahren bestraft.

 

§ 318

1. Wer gegen eine zu öffentlichen Zwecken dienende Telegraphenanstalt fahrlässigerweise Handlungen begeht, welche die Benutzung dieser Anstalt verhindern oder stören, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu neunhundert Mark bestraft.

2. Gleiche Strafe trifft die zur Beaufsichtigung und Bedienung der Telegraphenanstalten und ihrer Zubehörungen angestellten Personen, wenn sie durch Vernachlässigung der ihnen obliegenden Pflichten die Benutzung der Anstalt verhindern oder stören.

  • § 319

Wird einer der in den § 316 und § 318 erwähnten Angestellten wegen einer der in den §§ 315 bis 318 bezeichneten Handlungen verurteilt, so kann derselbe zugleich für unfähig zu einer Beschäftigung im Eisenbahn- oder Telegraphendienst oder in bestimmten Zweigen dieser Dienste erklärt werden.

§ 320

1. Der Vorsteher einer Eisenbahngesellschaft sowie Vorsteher einer zu öffentlichen Zwecken dienenden Telegraphenanstalt, welche nicht sofort nach Mitteilung des rechtskräftigen Erkenntnisses die Entfernung des Verurteilten bewirken, werden mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Gefängnis bis zu drei Monaten bestraft.

2. Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher für unfähig zum Eisenbahn- oder Telegraphendienst erklärt worden ist, wenn er sich nachher bei einer Eisenbahn- oder Telegraphenanstalt wieder anstellen läßt, sowie diejenigen, welche ihn wieder angestellt haben, obgleich ihnen die erfolgte Unfähigkeitserklärung bekannt war,

  • § 355

Telegraphenbeamte oder andere mit der Beaufsichtigung und Bedienung einer zu öffentlichen Zwecken dienenden Telegraphenanstalt betraute Personen, welche die einer Telegraphenanstalt anvertrauten Depeschen verfälschen oder in anderen als in den im Gesetze vorgesehenen Fällen eröffnen oder unterdrücken, oder von ihrem Inhalte Dritte rechtswidrig benachrichtigen, oder einem anderen wissentlich eine solche Handlung gestatten, oder ihm dabei wissentlich Hilfe leisten, werden mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft.